Die Vereinschronik
Die Geschichte des Neuenhauser Schützenvereins ist eng mit der Geschichte der Stadt Neuenhaus verbunden. Ein besonderes Dokument der Vereinsgeschichte ist die Königskette.
Das älteste Schild an dieser Kette ist aus dem Jahre 1839. Es trägt die Inschrift:
" G.J. Satink König, Caroline von Beesten Königin 1839".
Von den wenigen Dokumenten und Urkunden, die über die Vereinsgeschichte berichten, befindet sich eine im Besitz der Familie Harger. Der Neuenhauser Schützenverein geriet demnach um 1851 in finanzielle Schwierigkeiten. Aus einer Eintragung in einem alten Geschäftsbuch der Firma Harger geht hervor, dass der Verein 1840 eine Anleihe in Höhe von 100 Gulden erhielt. Das geliehene Geld wurde mit 4% verzinst. Am 1.August 1851 erfolgte die letzte Zinszahlung in Höhe von 4 Gulden für diese Anleihe. Darunter schrieb der Fabrikant Harger - Großvater des ehemaligen Bürgermeisters Harger, der von 1802 bis 1884 lebte - die Bemerkung " bancrots".
Die vom Neuenhauser Schützenverein gepflegten Traditionen lassen sich sehr schön einem Bericht aus dem Jahre 1843 über das Neuenhauser Schützenfest entnehmen. U.a. heißt es hier: "Der Schützenverein hat einen Vorsitzenden, einen Schrift- und Kassenführer, einen Kommandeur, zwei Hauptleute, mehrere Adjutanten und Fahnenjunker. Um 8.00 Uhr morgens treten die Schützen an. Eine Abteilung holt die Fahne mit dem fürstlichen Wappen, dann wird der im vorigen Jahr gekrönte König vom Vorsitzenden und vom Schriftführer abgeholt.
Beim Festzug ist darauf die Ordnung für folgendermaßen:
1. Vorreiter
2. Der Königswagen, zu dessen Seiten reitende Ehrenbegleiter
3. Die Musikkapelle
4. Der Kommandeur
5. Die erste Abteilung Schützen
6. Das Fahnenrott
7. Die zweite Abteilung Schützen
Nach Abholung der Königin beginnt das Schießen nach einem Adler. Der erste Schuß wird vom Vorsitzenden für den König von Hannover abgegeben, der zweite vom Kommandeur für den Fürsten, der dritte zu Ehren der Stadt Neuenhaus.
Nach dem Fallen des letzten Stückes wird unter präsentiertem Gewehr der König ausgerufen. Dieser wählt dann in möglichst vornehmer Haltung aus den Damen die Königin und Ehrendamen. Ein fröhlicher Ball im festlich geschmückten Saal beschließt das Fest. "
Der heutige Neuenhauser Schützenverein ist eine Verschmelzung aus ursprünglich zwei Vereinen: dem damaligen Schützencommittée Neuenhaus, Veldhausen und Lage und der Bürgersöhne - Schützenverein zu Neuenhaus.
Darauf ist auch zurückzuführen, dass die Neuenhauser Schützen bereits mehrere Jubiläen gefeiert haben. Einmal wurde die Krönung des Bürgersöhne - Schützenvereins zugrunde gelegt, ein anderes mal das angenommene Gründungsjahr 1839 des genannten Schützencommittées. Die Verschmelzung beider Vereine erfolgte offiziell im Jahre 1898.
Die Neuenhauser Schützen haben in ihrer bewegten Vereinsgeschichte viele Höhen und Tiefen durchlebt. Ein Höhepunkt war sicherlich der Besuch des Königs von Hannover, Georg V., im Jahre 1862.
Vorausgegangen war das Schützenfest 1861. Am 3. Juli dieses Jahres fiel beim Königsschießen der Adler durch den ersten Schuß des Vereinsvorsitzenden.
Da der erste Schuß immer zu Ehren des Königs von Hannover abgegeben wurde, kam diesem die Königsehre zuteil.
König Georg V. nahm die Königswürde an und stiftete dem Verein ein wertvolles Silberschild, welches sich heute noch an der Königskette befindet. Die Inschrift lautet: "Georg V. von Gottes Gnaden König von Hannover. Der Schützengesellschaft zu Neuenhaus und Veldhausen, den 3. Juli 1861."
Dieses Königsschild heftete Georg V. persönlich anläßlich seines Besuches am
2. September 1862 in Neuenhaus an die Königskette.
Der Neuenhauser Schützenverein gedenkt diesem besonderen Ereignis in der Vereinsgeschichte durch die Herausgabe eines schönen und wertvollen Jubiläumskruges mit dem Portrait von König Georg V. von Hannover.
Es ist leider nicht möglich, die gesamte bewegte und interessante Vereinsgeschichte der Neuenhauser Schützen in hier aufzuzeigen. Ein Dokument aus dem Jahre 1925 beinhaltet jedoch viele Grundsätze, die auch heute, fast 65 Jahre später, für den Verein von Bedeutung sind. Dabei ist es wichtig anzumerken, daß sich der Neuenhauser Schützenverein im Jubiläumsjahr 1989 in einer sehr guten Verfassung befindet und nicht in einer Krise steckt. Am 29. Juli 1925 richtete der damalige Kommandeur Bernhard Liening folgenden Aufruf an die Bürger der Stadt Neuenhaus (Zitate aus dem Aufruf):
"Was mir heute am Herzen liegt, ist der Bestand und die Zukunft unseres Schützenvereins, ehedem eine durch Tradition und Kameradschaft festgefügte Gemeinschaft Getragen von dem Wohlwollen der städtischen Bürgerschaften und der gesamten Einwohnerschaft ruht die Tätigkeit des Vereins vollkommen. Wir alle wissen, daß uns jetzt Sorgen vieler Ort quälen und drücken, und ich bin der letzte, der nicht wüßte, daß die Mehrzahl der Einwohnerschaft heute nicht auf Rosen gebettet ist. Was ich will, ist, daß der Neuenhauser Schützenverein nicht so langsam auf den Aussterbeetat gesetzt wird. Wollt Ihr die, von Euren Vorfahren getragene Historische Schützenkette einem Museum überantworten? Die Fahne dazu? Helft mit, daß wir eine Gemeinschaft bleiben.
An die Jugend der Stadt geht meine Bitte, kommt zu uns in den Schützenverein.Die Schützengilden sind Träger der Überlieferung von Jahrhunderten. Ihr habt Euch den schönen Brauch des Beyerns, des Silvesterumgangs nicht nehmen lassen. Merkt auf, zeigt, daß Ihr einig seid in Neuenhaus. Dann wird auch der Neuenhauser Schützenverein wieder blühen, wachsen und gedeihen. "
In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg hat sich der Neuenhauser Schützenverein eine feste und allerseits anerkannte Stellung im Neuenhauser Vereinsleben erworben. Unter der Leitung ihrer engagierten Präsidenten ist es den Neuenhauser Schützen gelungen, die schönen Traditionen, Sitten und Gebräuche, Heimatliebe, Kameradschaft und Geselligkeit zu hegen und zu pflegen. Mit den Nachbarvereinen aus Uelsen und Lage sowie Tubbergen in den Niederlanden sind die Neuenhauser Schützen seit Jahrzehnten in einer tiefen Freundschaft verbunden. Die Neuenhauser Schützenfeste fanden schon immer großen Anklang bei den Bürgern der Stadt und bei den Gästen aus nah und fern.
Dokumente zum 375-jährigen Jubiläum
Das 600-jährige Jubiläum der Stadt Neunhaus im Jahre 1969 brachte es an den Tag. Der Neuenhauser Schützenverein ist wesentlich älter als zuvor gedacht. Bei Nachforschungen im Osnabrücker Staatsarchiv wurde eine Abschrift im alten Stadtrechtsbuch entdeckt. Das Dokument trägt das Datum 6. Januar 1614.
Dieses, für den Neuenhauser Schützenverein so wichtige Dokument hat folgenden Wortlaut:
Anno etc. 1614 am 4. Januarii, also (= als) ihre gräflichen gnaden graf arnoldt Jost, grave zu Bentheim, Tecklenburgh, Steinfurtt und Limburgh unser gnediger graf und herr, eine allgemeine heerschwungh (= Heerschau) durch die ganze Grafschaft angeordnet sowol bei den burgeren als auch den bauren, haben die jungegesellen und burgerskinder alhie zu Nienhaus, welche darbevorn (= davor) ein neuere fänlein (= Fähnlein) auf ihre kosten verfertigen lasen, auch eine trumme (=Trommel) van dem edlen und ernvesten und manhaften Hermann von Munster erlangt und verehret worden, sodanne fänlein und trummen der sambtlicher burgrschaft sowoll in der statt als auch in der vorstatt zur ewiger gedechtnus verehret und geschencket, darjegen dan die herrn brugermeistere den sambtlichen jungengesellen zum sonderlichen recompens (= Erstattung) einen gutten zach (=Trunk) widder verehret, auch denselben dabei angelobt, da die jungegesellen ennige exercitia (= einige Übungen) mit schießen oder sonsten gebrauchen und uben wurden, das sie alstan auf ihr anhalten sothanigh fänlein und trummen geprauchen und mechtigh sein konnen und also unverdorben der statt widder einliefern sollen etc. Und seine domahlen ( = damals) burgermeistere gewesen er edler und ehrenfester Johann von Hettersh wie auch die ernsthafte und achtbare Johann Krull, Cleas Gelwors und Heinrich Muntz.
Also verzeichnet in beiseins der jungengesellen per me (= durch mich) Henricum Muntz, id quod testor hac mea manu propria etc. ( = was ich mit meiner eigenen Hand bezeuge).
Das Dokument von 1614 bezeugt eindeutig den militärischen Ursprung der Schützen. Wie auch in anderen Städten und Gemeinden der Grafschaft ist der Neuenhauser Schützenverein aus der damaligen Bürgerwehr hervorgegangen. So hatten seinerzeit die Bürger die Pflicht, für die Sicherheit ihres Gemeinwesens zu sorgen. Bei den oft kriegerischen Verhältnissen im Mittelalter hat diese Pflicht gewiß nicht nur auf dem Papier gestanden. Eindeutig beweist dieses ein weiteres Dokument vom 25. Mai 1634, mit dem das gräfliche Haus das Papageien - und Scheibenschießen der Neuenhauser und Nordhorner Junggesellen verbietet.
Im Namen unnd von wegen des hochwolgebornen Graven unnd Herrn, Hern Arnolten Jost Graven zu Bentheim Tekelnburg Steinfurt unnd Limpurg p. Unsers gnadigen Graven unnd Herrn Wirt hiemit den sambtlichen dieser Graffschafft Richtern, und der Statte Burgmeistern zu wißen gethan, das Ihr Grafl. Gnad. mit beformbdung vernohmen, obwoll fur diesen zu verscheidenen Mahlen befohlen, unnd publicirt worden, wie mit anderen unordnungen, also sonderlich nach dem heiligen Pfingstfest mit dem papagayen unnd schieben schiessen, unnd denen dabey vorgehenden unordentlichen banquetieren freßen, unnd sauffen, bei Nahmhafter pöen einzuhalten, daß gleichwoll zur Verachtung der Graflichen Mandaten dawieder fur diesem muthwilliger weise gefrevet itzo auch bei dieser beschwerlichen Krigs - unnd tewer Zeit dem gemeinen gerucht Noch zu solchem schießen praeparatoria unnd anstellung gemacht werden. Wan aber daßelbe vielmehr uff allerhand unordnung fressen, sauffen unnd banquetieren also sich zu leßiger weise mitt dem gewehr zu Exercieren angesehen, unnd dan bei dieser elendigen kümmerichen Zeitt einen Jeden obligt, von dem so Gott gnädig beschert, unnd ubricht geblieben, vielmehr dan Noogtleidenden, die sich leider hauffger massen sehen laßen, beizusteuern alß dasselbe vorsetzlich zuuerschwerenden, Alß wirdt gemelten Richteren unnd Burgermeisteren hiemitt ufferlagr, Ihren respective untergehorigen burgern unnd haußleuten, bei dennen in vorigen Mandaten benanten poenen zu befehlen, sich des unordentlichen schießens, sonderlich aber der dabei vorgehender unordnung freßen unnd sauffens gantzlich zu enthalten, Alß Wirt ein Jeder an seinem ort dahin bedacht sein, damit die unterthanen burger alß bauren mit dem gewehr worauff sie gesetzt versehen sein, solchs auch vor und nach ordentlicher weise besagtigt werde. Signatum uffm Grafl. Schloße Bentheim den 25 May Ao. 1634 p.
Grafliche Bentheimische Drost und Beambten p.